Haben Sie Fragen? Ich versuche zu antworten.

Seit meiner Zeit als Studentenpfarrer in Berlin-West bis heute begegne ich Menschen, die Fragen haben. Fragen zum Sinn des Lebens, zum Sinn von Leid, Fragen nach Gott, ob es ihn gibt, welches der wahre Gott wäre, Fragen zur Kirche, zum Glauben, zur Bibel…. Fragen ohne Ende. Fragen, bei denen schon viel nachgedacht, gegrübelt oder auch geweint wurde, oder bei denen vielleicht noch nicht genügend nachgedacht worden ist.

Menschen, die fragen, leben – wer nicht mehr fragt, droht im Sog des nicht-mehr-Fragens seelisch-geistig einzuschlafen. Was für Fragen gilt, gilt auch für Zweifel: Zweifel sind wie Fragen eine Stufe zum Fortschritt im Erkennen. Man muss sie allerdings nicht in sich einschließen, sondern äußern und einer Person vortragen, von der man Antwort, wenigstens aber weiterführende Hinweise zu bekommen hofft.

Mich haben die Fragen der Menschen, die oft auch meine eigenen waren und sind, stets bereichert. Keineswegs wusste ich die Antwort immer sogleich. Im Gegenteil! Ich musste oft selber lange, sehr lange suchen, jahrelang, bis sich in mir die Ahnung für eine Antwort bildete.

Nach meiner Erfahrung kreisen die Fragen der Menschen um etwa 40 fundamentale und das persönliche Leben betreffende Fragestellungen: Zum Glauben, zum Zweifel (oft an bisher unbefriedigenden Antworten), zum Leben, zur Liebe, zum Tod, zur Existenz an sich. Nimmt man diese Fragen und Zweifel ernst, als etwas, das den Fragenden belastet oder gar quält, dann wird man selbst ein Fragender – und begibt sich auf einen mitunter langen Weg. Ich habe durch die Fragen der Menschen, also nach meinem Philosophie- und Theologie-Studium,  erst richtig Theologie gelernt, erst richtig mich in die Hl. Schrift hineingelesen und hineingebeugt. Dabei sind mir Antworten zugewachsen, Antworten, die nicht selten quer zum Standard der üblichen Antworten liegen.

Heute, nach 50 Jahren solchen „dialogischen Studiums“ mit ganz normalen Menschen fühle ich mich weitgehend gewappnet, diese „40 Fragen“ der Menschen zu beantworten. Allerdings… jeder Mensch selber ist immer Teil seiner Frage. Es gibt keine abstrakten Fragen, sondern immer nur solche, in denen die Seele, die Vergangenheit, unendlich viele Bezüge des Fragenden mitschwingen. Deshalb kann es nur selten „abstrakte Antworten“ geben, sie müssen wohl immer, mehr oder weniger, auf den Fragenden zugeschnitten sein.

Und ein Weiteres: Fragen kann man im Handumdrehen stellen, Antworten kann man nicht im Handumdrehen verstehen. Eine Antwort zu verstehen, verlangt mitunter einen längeren Weg des je eigenen Lebens und Suchens.

Ein Beispiel: Während meines Theologie-Studiums gab ich Religionsunterricht in einer Berufsschule in Offenbach. Man möge sich ein sehr, sehr schweres Umfeld vorstellen, eine Herausforderung, der ich nicht gewachsen war. Keiner in der Klasse hatte Lust auf Religion. Gar keine. Einmal, während alle mit irgendetwas beschäftigt waren, sprang der Wortführer der Klasse auf: Hey, was ist der Sinn des Lebens? Ich war baff. Er gab mir drei Sekunden, dann sagte er: Siehste, du weißt das nicht… Ich habe später darüber nachgedacht, was ich wohl hätte antworten können, müssen. Lange danach kam mir der Gedanke, ich hätte vielleicht sofort eine komprimierte Antwort geben müssen, die er so schnell gar nicht verstehen konnte, die aber eine Antwort gewesen wäre, etwa: Der Sinn des Lebens ist, Gott zu loben, ihm Ehrfurcht zu erweisen und ihm zu dienen! Dann wäre er baff gewesen – und vielleicht wäre daraus eine zweite, dritte Frage erwachsen – und ein nachdenkendes Gespräch.

Man lernt Antworten nur, indem man sich Fragen aussetzt. Auch solchen, die einen zunächst „k.o.“ schlagen. Richtig: Immer wieder aufstehen!

Auf diesem Blog meiner Homepage biete ich an, auf Ihre Fragen eine passende und individuelle Antwort zu versuchen. Erwarten Sie bitte nicht, dass Sie jedes Mal gleich vollzufrieden sind und alles klar wird, vielleicht zu Beginn nur ganz wenig, vielleicht fühlen Sie sich missverstanden, provoziert, dann müssen wir neu ansetzen – Antworten verstehen ist meistens ein Weg, ein persönlicher Weg meines Lebens.

Aber, fangen wir an: Sie fragen, ich versuche, eine Antwort zu finden. Manchmal werde ich dafür Zeit brauchen! (Übrigens: Jeder kann Ihre Frage lesen, jeder auch meine Antwort. )

Bitte, schreiben Sie Ihre Fragen an meine E-Mail-Adresse. Ich behalte mir allerdings vor, gewisse Fragen oder Mitteilungen, die nicht dem hier Vorgeschlagenen entsprechen, zu löschen.)

 

  1. Sehr geehrter Pater Wermbek,
    vor wenigen Tagen habe ich von Ihrem Buch „Judas,der Freund“ gehört, es bestellt und sofort angefangen, es zu lesen.
    (vor genau 26 Jahren bin ich nach Vezelay gefahren, um dieses besondere Kapitell mit eigenen Augen zu sehen,
    denn eine Abbildung davon hatte mich schon lange davor „angesteckt“.)
    Nun Ihre Buch: Bereits nach dem Lesen Ihrer Einführung war ich angestoßen, mir das Bild noch einmal genau anzusehen, in der Hoffnung, selbst auf des „Geheimnis“ zu stoßen. Fast meinte ich, es gefunden zu haben, weil ich entdeckte, was mir zuvor nie aufgefallen war, weil es zu sehr im Schatten lag: Judas, den der Gute Hirte auf seinen Schultern trägt, hält seine Hände zum Gebet. Ein eindrucksvolles Symbol.
    Nachdem ich dann das eindrucksvolle Kapitel über die Frau am Jakobsbrunnen gelesen hatte, konnte ich mich nicht mehr „bremsen“, ich musste „Das Geheimnis vom Guten Hirten von Vezelay“ lesen – und war fasziniert!!
    Darum möchte ich Ihnen ein großes DANKE sagen für diese besondere Erkenntnis.
    Sie können sicher sein, dass ich das weitergeben werde.
    Ihnen wünsche ich weiterhin Kraft und hifreiche Gedanken. Mit freundlichem Gruß
    Heidi Herrmann

  2. Grüezi Herr Wrembek
    Merci für das Judasbuch – vor allem die Fotomontage…
    Die seltsamste Rückmeldung auf eine predigt, die ich je bekam, war von einer älteren Dame – ich dürfte nie mehr so predigen, denn sie sei die allereinzige gewesen, die verstanden hätte, was ich sagen wollte 😉 … Wie auch immer, es ging um Judas, die Szene der Nachwahl des Matthias. Dort heisst es, Judas ging an den Ort, der ihm bestimmt war. Ungesagt wo… Wer weiss, vielleicht ganz nah dem Heiland.
    Zwei Fragen noch: Was verstehen Sie unter einem Priesterseelsorger?
    Und – wegen Weihnachten: Ich meinte immer, der Ochs sei ein kastrierter Stier. Aber war das gemeint mit Esel und Ochs, die die Krippe ihres Herrn kennten…?

    1. Seien Sie gegrüßt, Herr Thomas Markus Meier,
      Ich habe mich über Ihre Fragen sehr gefreut – über die ältere Dame mich zu freuen, könnte unangemessen sein oder falsch verstanden werden…
      Judas also, der an den Ort ging, nach Meinung seiner Mitapostel, „der ihm bestimmt war/wohin er gehört/an seinen Ort…“
      In der Tat, wo er da ankommt, ist offen gelassen. Aus dem Kontext darf man aber schlussfolgern, dass Judas zu dieser Zeit von seinen früheren Mitaposteln nicht mehr hoch eingeschätzt war. Sie denken also vermutlich eher an einen „schlimmen“ Ort.
      Wir können nicht weiter ergründen, was da im Einzelnen alles in den Tagen konkret passiert ist. Wir wissen es nicht. Hier hören wir nur, was Menschen über ihren Bruder denken. Das aber kann ein Irrtum sein. Die Frage muss lauten: Wie denkt Gott über diesen Mann?
      Im Johannes-Ev (17,24) haben wir einen Satz, der in der Tradition immer so übersetzt wird: „Niemand ging verloren außer dem Sohn des Verderbens…“ (Joh 17,12), und „Verderben“ wurde als „verdammt“ interpretiert und daran die Hölle gebunden. Das könnte also mit dem Vers Apg 1,25 der Vers Joh 17,12 übereinstimmen bzw der gleichen Mentalität entspringen. Bleibt wieder die Frage: Wie denkt Gott über diesen Menschen?
      Es kommt in den nächsten Wochen ein Büchlein von mir heraus, in dem ich auf acht Fragen zur Judas-Thematik eingehe, so auch auf diese in Joh 17,12. Ich lege dar, dass nach dem griechischen Original eigentlich übersetzt werden müsste: „Niemand ging verloren außer dem Sohn der Verlorenheit…!“ „Verloren“ aber war auch der Verlorene Sohn, das Schäfchen, die Drachme… und Jesus sagt bei Zachäus: „Ich bin gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren ist“. So dürfen wir uns auf den Sohn Gottes selbst berufen und sagen: Die Verlorenen sind die Lieblinge Gottes! Dann wäre der Ort, wohin Judas ging – die Arme seines Vaters, der ihn, den verlorenen Sohn, liebevoll aufnimmt.
      Man soll auch nicht übersehen, dass die dreimalige Leugnung des Petrus vielleicht noch „schlimmer“ war als der Kuss der Judas – denn Judas wollte nicht, dass Jesus stirbt, Petrus auch nicht. In der Kirche zu Ochsenhausen gibt es ein Gemälde, das Judas mit Heiligenschein zeigt… wie würde die ältere Dame da reagieren, wenn Sie das predigten?
      Dann zum Priesterseelsorger:
      Auf meiner Homepage http://www.wrembek.net finden Sie dazu einen kurzen Artikel. Wenn der Ihnen nicht reicht, fragen Sie noch mal nach.
      Zur letzten Frage: Richtig, Ochs ist ein kastrierter Stier – das hat schon Bischof Stecher im Zug einem Mitreisenden erklärt. Diese Redewendung kommt aus dem Buch Jesaja 1,3; diese beiden Tiere dienen hier als Vergleich für das Volk Israel, das keine Erkenntnis, keine Einsicht hat – weniger noch als diese beiden Tiere. Im Evangelium werden diese Vierbeiner nicht erwähnt, aber weil bei Jesaja „Krippe“ erwähnt ist, hat man wohl frommerweise die beiden Stellen zusammen gesehen – wobei es wahrscheinlich ist, dass Maria und Josef mit einem oder gar zwei Eseln von Nazaret nach Bethlehem gewandert sind. Der Ochs ist dann gläubige Zutat.
      Danke also für Ihre Fragen – und bringen Sie Ihre Zuhörer immer wieder „außer Fassung“. Jesus hat das viel mehr getan.
      Mit guten Grüßen zur Nacht.
      Ihr P. Wrembek SJ

  3. Lieber Christoph
    Wir haben uns in der Studentengemeinde in Berlin 1975 kennengelernt. Vielleicht erinnerst du dich an mich.
    Ich habe deine Bücher „Judas, der Freund“ und „(k) eine Chance für Judas“ regelrecht verschlungen und möchte dir für diese wunderbaren Bücher mein herzlichstes DANKE sagen.
    Dass alle Menschen in die Geborgenheit Gottes hineinwachsen dürfen, ist ein großer Trost für mich.

    Nun hörten wir heute das Evangelium vom reichen
    Prasser und Lazarus und vom unüberwindbaren Graben zwischen beiden.
    Wie muss ich das mit dem unüberwindbaren Graben verstehen?

    Vielen herzlichen Dank für deine Antwort

    1. Liebe Frau S.,
      Zu Ihrer Frage:
      Sie ist völlig logisch und berechtigt – und lässt sich doch gut beantworten.
      Schon in meinem Buch „Judas, der Freund“ gehe ich auf dieses Gleichnis Jesu ein und erkläre es. (142-147)
      Ich will noch etwas hinzufügen:
      Was bedeutet der „tiefe Graben“ im Gleichnis Jesu?
      Er bedeutet, dass man in der „himmlischen Reha“ nicht einfach so weiter machen kann wie im irdischen Leben. Man kann nicht einfach einem Diener befehlen, bringe mir das! Oder sich mit seinem Reichtum etwas kaufen. Die Gesetzmäßigkeiten in diesem „Fegefeuer“ sind ganz andere als die hier auf der Erde – dafür dient das Bild vom „tiefen Graben“: Es geht nichts mehr so weiter wie zuvor auf der Erde.
      Aber noch etwas sagt Jesus in diesem Bild:
      Es besteht eine Kommunikation über den Graben hinweg! Sowohl seitens des Menschen als auch von Seiten Gottes. Eigentlich sprechen die beiden sogar hier zum ersten Mal miteinander! Ein wunderbarer „Seiteneffekt“ der himmlischen Reha: Der Mensch hat begonnen, mit seinem Schöpfer zu sprechen. Beziehung entsteht: Der Mensch ruft nach Gott – und Gott ruft ihn „Kind“, Mein Kind. Und in diesem Wort/Ruf steckt eine Bewegung, wie sie im Gleichnis zuvor dargestellt ist, wo der Vater mit diesem Wort über den „tiefen Graben“ hinausgeht zu seinem Sohn, Kind.
      Gott überspringt alle Gräben, weil Er retten will.
      Und was Er will, das schafft Er auch.

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